Alpen investiert weiter kräftig, RP 18.12.2021
Der Rat hat mit der CDU-Mehrheit den Haushalt für 2022 verabschiedet. Das Loch von 2,2 Millionen Euro wird aus der Rücklage gestopft. Die mittelfristige Perspektive ist günstig. Deshalb bleiben fast alle Fraktionschefs (unten) entspannt.
Mit den Stimmen der CDU-Mehrheitsfraktion hat der Rat in seiner vorweihnachtlichen Sitzung den Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet. Der schließt im Abgleich von Einnahmen und Ausgaben mit einem Minus von 2,2 Millionen Euro. Im laufenden Etat stand da noch ein kleines Plus, das sich nach aktueller Rechnung zum Jahresende in ein kleines Minus (105.000 Euro) verwandelt haben wird. Der Schuldenberg wächst wegen der geplanten Investitionen auf das Rekordhoch von 18 Millionen Euro. Diese Eckpunkte führten dazu, dass SPD, FDP und Die Partei dem Zahlenwerk ihre Zustimmung verweigerten, während sich die Grünen der Stimmen enthielten. Ihnen kam der Klimaschutz einfach zu kurz. Die gute Nachricht für die Bevölkerung wie für die ansässigen Unternehmen: Trotz alledem bleibt der schmerzhafte Dreh an der Steuerschraube erneut aus.
Vorweg hatte Bürgermeister Thomas Ahls in Vertretung von Kämmerin Andrea Brochtrup den finanziellen Schaden beziffert, den die Corona-Pandemie im Rathaus in diesem Jahr angerichtet hat. Unterm Strich stünden da knapp eine halbe Million Euro. Die Hygienemaßnahmen im Rathaus wie in den Schulen schlagen dabei lediglich mit 30.000 Euro zu Buche. Mehr als die Hälfte des Gesamtschadens ist auf geringere Einnahmen aus der Einkommen- und Umsatzsteuer zurückzuführen.
Dagegen zeichnet sich bei der recht launischen, weil schwer kalkulierbaren Gewerbesteuer eine recht positive Tendenz ab. Hier rechnet die Kämmerin mit einer spürbaren Erholung und erwartet im kommenden Jahr eine Einnahme von 5,4 Millionen Euro, nachdem hier im laufenden Jahr fast zwei Millionen weniger angesetzt waren. Der Jahresabschluss, so hieß es zuletzt, könnte aber schon besser ausfallen.
Negativ schlägt sich nieder, dass Alpen im nächsten Jahr kein Bauland verkauft und die Einnahmen hier auf Null gesetzt hat. Unter der Position sind in diesem Jahr noch rund drei Millionen Euro in die Kasse der Kämmerin geflossen. Damit sich das aber in den kommenden Jahren wieder deutlich besser entwickelt, nimmt die Gemeinde in diesem Jahr noch mal richtig Geld in die Hand. Der Rat hat mit Mehrheitsbeschluss, um der Verwaltung hier Beinfreiheit zu verschaffen, den Ansatz für den Kauf von Grundstücken unter dem Sachkonto Ackerland im eine Million auf 3,2 Millionen erhöht. Hier sollen vor allem in Menzelen und auf der Bönninghardt Baupotentiale erschlossen werden. Das soll sich mittelfristig auszahlen.
Kurzfristig bleibt das 2,2-Millionen- Loch. Doch verbreitet das im Rathaus keinen Schrecken. Nicht nur, weil es aus der für solche Fälle vorgesehenen Ausgleichsrücklage gestopft werden kann. Zum Jahresende liegen hier, Stand heute, 4,6 Millionen auf der hohen Kante. Und da Kämmerin Brochtrup bei ihrer mittelfristigen Finanzplanung in den folgenden drei Jahren mit einem jährlichen Überschuss kalkuliert, soll die Ausgleichsrücklage bis Ende 2025 auf über fünf Millionen Euro anwachsen. Von der gefürchteten Haushaltssicherung also ist in Alpen kaum die Rede.
Aber die Schulden lasten schwer. Alpen investiert weiter kräftig in mit Landesmitteln geförderte Projekte: energetische Sanierung des Schul- und Sportzentrums und Stadtumbau mit den Stationen Neue Mitte, Kurfürstin-Amalie-Platz und Erlebnisspielplatz am Marienstift. Fast fünf Millionen muss sich die Gemeinde dafür bei den Banken borgen. Eine durchaus beachtliche Summe auch in Niedrigzinszeiten. Doch es zeigt sich Licht am Ende des Tunnels. Schon in 2023 steht hinter dem Kreditbedarf eine Null. Es wird getilgt. Die Kurve der Verschuldung knickt ab und soll in vier Jahren unter die 15-Millionen-Euro-Marke fallen. Zu goldenen Zeiten wie 2015, als die Schuld bei den Banken unter vier Millionen lag, ist es auch dann noch ein weiter Weg.
Investionsmaßnahmen Für die energetische Sanierung des Schul- und Sportzentrums, die vom Land zu 80 Prozent gefördert wird, fließen allein im nächsten Jahr fast zehn Millionen Euro.
Stadtumbau Nach längeren Stillstand geht’s auch mit dem Stadtumbau in Alpen weiter. Die Umgestaltung der Burgstraße zur „Neuen Mitte“ kostet fast eine halbe Million Euro, die Neugestaltung des Kurfürstin-Amalie-Platzes 440.000 Euro. Hier zahlt das Land jeweils die Hälfte
Sascha Buchholz (CDU) „Beschlossene Maßnahmen, richtige und wichtige Projekte müssen und sollen umgesetzt und vollendet werden. Der Etat-Entwurf der Verwaltung ist solide. Der Blick richtet sich darauf, den hohen Standard der Infrastruktur (Schulen, Gebäude, Straßen) in der Gemeinde zu bewahren und voranzubringen. Das darf man nicht durch unbedingten Sparzwang gefährden. Die Verwaltung zeigt im Lichte der Unsicherheiten durch Corona das notwendige Fingerspitzengefühl und den deutlich erkennbaren Willen zu sparen.“
Thomas Hommen (FDP) „Auf das jährlich wiederkehrende Defizit und die Rekordverschuldung reagieren die Bürger unaufgeregter als bei Windrädern, die sie direkt betreffen. Zahlen sind abstrakt. Um den Schuldenberg auf einmal abzutragen, müsste jeder in Alpen 1250 Euro an die Gemeinde überweisen. Der Aufschrei wäre groß. Der Haushaltsausgleich gelingt nicht, weil die Gemeinde nicht mit dem Steuergeld auskommt. Künftige Etats müssen auskömmlich sein, Schulden abgebaut werden. Bürgermeister und CDU suchen dafür noch den Kompass.“
Armin Lövenich (SPD) „Politisch ist der Haushalt verbesserungswürdig. Insgesamt steht Alpen ganz gut da. Investitionen in Bildung wie die energetische Sanierung des Schul- und Sportzentrums sind für uns ein Grundanliegen. Doch teure Baustellen wie Stadtumbau, Breitbandausbau oder die Sanierung der Motte sind aktuell fraglich. Kommende Generationen müssen die hohe Verschuldung tragen. Das Damoklesschwert Haushaltssicherung schwebt noch über uns. Freiwillige Konsolidierung ist unumgänglich, Sparwille aber nicht erkennbar. Und es fehlt die Risikovorsorge.“
Matthias Schuscik (Die Partei) „Auf den ersten Blick wirkt der Haushalt gut bürgerlich, solide, fast schon langweilig. Der Teufel aber steckt im Detail. Corona sorgt dafür, dass Probleme in die Zukunft auf die nächsten Generationen verlagert werden. Die Denkmäler der Vergangenheit schmälern die Rücklagen der Gegenwart. Das „Neue Wohnzimmer“ beim Stadtumbau bleibt Firlefanz. Den Geist der Haushaltssicherung hört man im Hinterzimmer spuken und die damit verbundene Konsolidierung durch Anhebung der Steuern und Wegfall freiwilliger Leistungen.
Peter Nienhaus (Grüne) „Die laufenden investiven Projekte (Schulen, Stadtumbau) machen die Infrastruktur zukunftssicher aber belasten auch den Haushalt. Die Spielräume werden enger. Statt wie am Willy-Brandt-Platz Investoren beim Fällen von Bäumen Zugeständnisse zu machen, wäre es sinnvoller, mehr in den Klimaschutz zu investieren. Hier sehen wir noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Die Ausweisung von Windkraftzonen bringt uns finanziell und klimapolitisch weiter. Außerdem muss bezahlbarer Wohnraum einen hohen Stellenwert bekommen.“
eingestellt von Thomas Hommen für die FDP-Fraktion im Rat der Gemeinde Alpen