Alpen wartet bei Livestreams aufs Land, RP 02.02.2022

Zu Beginn der Pandemie tagte der Rat im verkleinerten Format. Inzwischen ist er ins Pädagische Zentrum der Sekundarschule umgezogen. ArchivFoto: A. Fischer

Die Bereitschaft, einer Übertragung von Ratssitzungen im Internet zuzustimmen, ist in der Politik gespalten. In den Fraktionen überwiegen die Vorbehalte. Sie schielen auf das Land, das den rechtlichen Rahmen für digitale Sitzungen schaffen will

Im Rat der Gemeinde Alpen und in seinen Ausschüssen gibt es nur eine hauchdünne Mehrheit für die Übertragung von Sitzungen im Internet. Von 44 befragten Ratsfrauen und -herren sowie sachkundigen Bürgern haben lediglich 17 ihr Einverständnis erklärt, mit Bild und Ton bei Livestreams im Internet gezeigt zu werden. 15 Politiker und Politikerinnen wären nicht damit einverstanden und verweisen auf ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Dutzend der von der Verwaltung befragten Personen sind eine Antwort schuldig geblieben auf die Frage, die in zahlreichen Kommunen im ganzen Land ebenfalls kontrovers diskutiert wird. So hat der Haupt- und Finanzausschuss jetzt erwartungsgemäß entschieden, dem Rat zu empfehlen, bis auf weiteres auf die Liveübertragung von Sitzungen zu verzichten.

Gleichwohl zeichne sich grundsätzlich Bewegung ab bei der Digitalisierung der politischen Arbeit in den Rathäusern, sagte Bürgermeister Thomas Ahls. Das Land plane eine entsprechende Anpassung der Gemeindeordnung, um den rechtlichen Rahmen dafür abzustecken. „Das Thema bleibt uns erhalten“, sagte Ahls.

Das geteilte Meinungsbild der Umfrage unter den Alpener Politikern spiegelte sich auch im Hauptausschuss in den Stellungnahmen der Fraktionssprecher wider, die übereinstimmend von einem uneinheitlichen Meinungsgbild in den eigenen Reihen berichteten und nun zunächst abwarten wollen, was das Land vorhat.

Unterdessen hat sich der Landtag bereits in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf zur „Einführung digitaler Sitzungen für kommunale Gremien und zur Ändererung kommunaler Vorschriften“ befasst. Hintergrund ist die in der Pandemie drängender gewordene Notwendigkeit, die Gesundheit der ehrenamtlich tätigen Politiker sicherzustellen. Das hat das Bemühen beschleunigt, Möglichkeiten auszuloten, die keine Präsenz erfordern.

Rein digitale Sitzungsformate für Entscheidungsorgane wie sie im privatrechlichen Bereich längst praktiziert werden, standen Kommunalparlamenten aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht zur Verfügung, heißt es in der Vorlage zum Gesetzentwurf. Um in Sonderlagen wie der Pandemie „die Handlungsfähigkeit der Kommunen umfassend sicherzustellen“, sei es sinnvoll, verfassungsrechtliche Vorschriften so anzupassen, „dass die Möglichkeiten der Digitalisierung auch zur Entscheidungsfindung demokratisch legitimierter kommualer Vertretungen genutzt werden können“.

Daneben hat das Land ein Modellprojekt gestartet in ausgewählten Städten – Moers beispielsweise gehört dazu – und Gemeinden, in denen bereits digitale Formate erpobt werden. Dabei muss Öffentlichkeit hergestellt werden. Die Sitzung muss man also in Wort und Bild im Internet für jeden zugänglich sein.

Letztlich aber will das Land den gewählten Räten die Entscheidung überlassen, ob sie in ihrer Hauptsatzung über einen längeren Zeitraum digitale Sitzungen zulassen wollen. Dazu braucht‘s eine Zweidrittelmehrheit. Davon ist die Politik in Alpen noch ein gutes Stück entfernt. CDU-Sprecher Sascha Buchholz sprach von einer „ambivalenten Haltung“ in seiner Fraktion. Einerseits sei man für ein möglichst hohes Maß an Transparenz. Andererseits gehe es um ehrenamtliches Engagement, bei dem jeder und jede für sich entscheiden können müsse, was übertragen werden darf. Grünen-Sprecher Peter Nienhaus äußerte die Sorge vor „Attacken in den sozialen Medien“. Wer wolle, könne doch jederzeit an den öffentlichen Sitzungen teilnehmen.

Für Armin Lövenich von der SPD überwiegen die Zweifel. Er gab relativ hohe Kosten zu bedenken – bei gleichzeitig recht geringer Einschaltquote. Auch das Meinungsbild bei der FDP sei uneinheitlich, sagte ihr Sprecher Thomas Hommen. Er persönlich stehe für weitgehende Transparenz der politischen Arbeit. Doch es sei gut und richtig, dass das Land dafür zunächst den rechtlichen Rahmen abstecke.

Matthias Schuscik (Die Partei) kann die Vorbehalte gegen Sitzungsstreams im Internet nicht nachvollziehen: „Parteien, die im Wahlkampf Video-Botschaften ihrer Kandidatinnen und Kandidaten ins Netz stellen, sollten auch den Mut aufbringen, in Sitzungen des Rates Gesicht zu zeigen.“ Alles andere sei wenig glaubwürdig.

Ähnlich denkt offenbar auch Ina Scharrenbach (CDU). Die Ministerin für Kommunales habe für Vorbehalte gegen Übertragungen aus dem Ratssaal, wie sie auch in Alpen existieren, offenbar nicht das ganz große Verständnis. So jedenfalls hatte Bürgermeister Thomas Ahls die Ministerin neulich bei einer Videokonferenz verstanden.

INFO

Präsenz funktioniert nur nach strengen Regeln

Eingangskontrolle In den Präsenzsitzungen des Rates und seiner Ausschüsse gilt in Alpen die 3G-Regel. Teilnehmen können nur Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete (der Test darf nicht älter als 24 Stunden sein). Die Einhaltung der Regel wird am Eingang zum Sitzungsraum kontrolliert.

Maskenpflicht Während der gesamten Sitzung ist das Tragen einer medizinischen Maske verpflichtend. Dies gilt auch am Sitzplatz. Die Masken können nur für Redebeiträge abgenommen werden.

eingestellt von Thomas Hommen für die FDP-Fraktion im Rat der Gemeinde Alpen

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