Politische Arbeit per Videokonferenz, NRZ 16.04.2020

In Rheinberg und Alpen nutzen mehrere Parteien verstärkt digitale Medien, um sich während der Corona-Krise auszutauschen. Einige wollen auch künftig mehr darauf setzen

In den Sitzungsräumen und Ratssälen herrscht seit einigen Wochen Leere. Versammlungsverbot und Kontaktsperre machen Ausschüsse, Fraktionstreffen oder Ratssitzungen mit persönlicher Anwesenheit derzeit unmöglich. Aber auch in Zeiten von Corona gibt es aktuelle kommunale Themen oder Dringlichkeitsbeschlüsse, die die Parteien und Fraktionen behandeln müssen. Doch wie sieht politische Arbeit während der Corona-Krise aus? Die NRZ hat bei Politikern in Rheinberg und Alpen nachgefragt.

„Es gibt immer etwas zu tun. Wir sind nicht lahmgelegt“, erklärt Jürgen Bartsch, Fraktionssprecher der Rheinberger Grünen. Seit drei Wochen halten die Grünen ihre wöchentlichen Fraktionssitzungen in einer Videokonferenz ab. Rund zehn Mitglieder sind gleichzeitig zugeschaltet. „Gerade jetzt ist es wichtig und notwendig, solche Konferenzen zu führen, um Dinge zu Corona aber auch andere politische Themen zu besprechen“, sagte Bartsch. Lösungen, wie man den Einzelhandel nach der Krise unterstützen oder ein drohendes Haushaltssicherungskonzept bei geringerer Gewerbesteuereinnahme verhindern kann, würden diskutiert werden. „Jetzt merkt man, wie viel dank digitaler Technik eigentlich geht“, stellt Bartsch fest. In Zukunft wollen die Grünen weiterhin auf Videokonferenzen zusätzlich zu den gewohnten Treffen setzen. Er hofft, dass solch elektronische Verfahren auch nach Corona auf Verwaltungsebene für Bürger und deren Erledigungen im Stadthaus ausgebaut werden.

„Einfach mal ausprobieren“

Das angesetzte interfraktionelle Gespräch mit der Verwaltung am 23. April findet persönlich im Stadthaus statt. Jede Fraktion schickt einen Vertreter. „Da werden wir noch einmal drauf hinweisen, dass es andere Kanäle gibt. Es wäre schön, wenn diese einfach ausprobiert werden würden, man muss sich einfach mal trauen“, so Bartsch.

Die Rheinberger SPD setzt ebenfalls auf Videokonferenzen, um ihre politischen Themen zu besprechen. „Wir haben zunächst Skype und jetzt Zoom genutzt, weil die Übertragungsqualität stabiler ist und wir sogar Präsentationen einblenden können“, erklärte der Ortsvereinsvorsitzende Peter Tullius. Einmal die Woche trifft sich das Wahlkampfteam virtuell. Auch Vorstandssitzungen und die AG 60 plus führen ihre Gespräche nun per Videokonferenz. Berührungsängste mit den digitalen Medien hätten nur wenige Mitglieder gehabt, so Tullius. „Es ist eine komfortable Möglichkeit, um in diesen Zeiten gemeinsam zu arbeiten.“ Eines haben die Sozialdemokraten bereits festgestellt: Einige Themen erhalten aufgrund der Corona-Krise eine ganz andere Relevanz. Tullius: „Soziale Gerechtigkeit, Versorgungssicherheit oder das Gesundheitssystem müssen nach Corona neu bewertet werden.“

Auch im benachbarten Alpen haben digitale Medien und Videogespräche Einzug erhalten. „Es ist ungewohnt, aber es klappt sehr gut. Manchmal läuft bei einem Fraktionskollegen dann auch schon einmal das Kind durchs Bild“, erzählt der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Hommen lachend. Die Alpener FDP führt mindestens zwei Mal pro Woche Wahlkampf-, Vorstands- oder Fraktionssitzungen per Videokonferenz. An diesen wolle man auch nach Corona festhalten. „Ich denke, wir wählen einen gesunden Mittelweg. Für Mitglieder, die zum Beispiel auf Dienstreise sind, ist es zukünftig eine gute Möglichkeit, trotzdem bei den Fraktionstreffen virtuell dabei sein zu können. Nichts ersetzt aber den persönlichen Kontakt.“

Persönliche Gespräche mit den Bürgern fallen in diesen Zeiten natürlich auch so gut wie weg. „Die Fragen, die sie haben, bleiben aber. Es rufen uns mehr Bürger an oder schreiben eine Mail“, stellt Hommen fest.

Die Pandemie bringt auch den Fahrplan der CDU Alpen durcheinander. Eigentlich wären jetzt Fototermine und die Erstellung des Wahlprogrammes angesagt. „Die Fotos werden später gemacht, am Wahlprogramm wird online gearbeitet. Wir haben ein Dokument erstellt, an dem alle mitschreiben können“, erklärt der CDU-Gemeindeverbandsvorsitzende Sascha van Beek. Vorstandssitzungen und Arbeitsgruppen treffen ihre Absprachen ebenfalls in Videogesprächen. „Das politische Geschehen geht weiter. Wir tauschen uns zum Beispiel weiterhin über die Gestaltung des Willy-Brandt-Platzes aus.“ Für van Beek haben Videokonferenzen einen Vorteil: Eine größere Flexibilität. „Bei unserer morgigen Sitzung berichtet uns unsere Landtagsabgeordnete Charlotte Quik aus dem Landtag. Das wäre bei einer persönlichen Fraktionssitzung ein großer Aufwand gewesen. So schaltet sie sich einfach schnell zu.“

eingestellt von Thomas Hommen

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