Alpenerin hinterfragt Defizit, NRZ 11.04.2018
FDP stimmte gestern Abend in der Alpener Ratssitzung erstmals seit vielen Jahren für den Haushalt – trotz eines Defizits in Höhe von 5,6 Millionen Euro
Viel zu selten nutzen Alpener Bürger die Einwohnerfragestunde zu Beginn jeder Ratssitzung. Sagen offen, was ihnen unter den Nägeln brennt. Nicht so Sabrina Steffens. Die junge Unternehmerin, die im gleichnamigen Familienbetrieb an der Weseler Straße arbeitet, ließ sich gestern Abend nicht lange bitten und konfrontierte Bürgermeister Thomas Ahls gleich mal mit dem riesigen Loch im Haushalt. „Ich habe im CDU-Wahlprogramm nachgeschaut, da wurde ein Schuldenstand von zwei Millionen Euro prognostiziert. 2018 sind wir bei 23 Millionen Euro angekommen. Wie rechtfertigt man diese Zahl?“ Bürgermeister Thomas Ahls wirkte sichtlich überrascht von dem offensiven Vorstoß. „Es gibt Dinge im kommunalen Bereich, die nur schwer prognostizierbar sind.“ Führte dann die sinkende Steuerkraft, hohe Umlagen und Investitionen wie für das Alpener Feuerwehrgerätehaus ins Feld. Was Sabrina Steffens nicht reichte. „Werden nun die Bürger zur Kasse gebeten oder wir als mittelständisches Unternehmen? “ Es sei doch in vielen Bereichen so, erklärte Ahls, dass Bürger Investitionen durch Steuern mitfinanzieren müssen, die meisten Investitionen als Kredite getätigt würden. „Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet“, konterte Sabrina Steffens. „Steuererhöhungen sind nicht geplant“, antwortete Thomas Ahls knapp.
Schließlich wartete noch der eigentliche Tagesordnungspunkt zum Haushalt 2018. Und der weist ein Defizit von 5,629 Millionen Euro auf, wie Kämmerin Andrea Wessel mitteilen musste. Hauptgründe seien das „Auf und Ab“ der Gewerbesteuererträge sowie weiterhin hohe Aufwendungen für die Kreis- und Jugendamtsumlage. So muss die Gemeinde 3,7 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage und 1,9 Millionen Euro aus der Allgemeinen Rücklage entnehmen. Steuererhöhungen sind aber nicht geplant, auch weil laut Wessel für 2019 ein positives Ergebnis erwartet wird. „Die Verschuldung geht dann wieder zurück.“
Bürger müssen partizipieren
Für CDU-Fraktionschef Günter Helbig war es ohnehin glasklar, dass 2018 ein schwieriges Jahr werden würde. „Aber für uns ist das Glas noch halb voll und nicht halb leer. Wir haben keine Leuchtturmprojekte gestartet, zudem ist die Ausgleichsrücklage ein gutes Werkzeug.“ Und man investiere in die Zukunft. „Wir kriegen die Kurve, wir schaffen das.“
Auch die SPD stimmte dem Haushalt zu. Allerdings verwies Fraktionschef Jörg Banemann auf den höchsten Schuldenstand der vergangenen 13 Jahre. „Trotz der vielen schlechten Nachrichten haben wir aber noch Glück im Unglück.“ Dennoch müsse man künftig genau schauen, welche Projekte man umsetzen müsse. „Wir fordern dafür eine Prioritätenliste.“ So oder so sei man gezwungen, jeden Cent zweimal umzudrehen, auch wenn „das Schreckgespenst der Haushaltssicherung noch nicht vor der Tür steht.“
Peter Nienhaus von den Grünen erklärte das Loch auch mit Investitionen, die „erst auf den zweiten Blick rentierlich sind“ – wie Feuerwehrgerätehaus, Flüchtlingsheime, Umbau des Ortskerns, die Folgenutzung am Willy-Brandt-Platz und auch das Klimaschutzprojekt des Schulzentrums. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen stehe an erster Stelle, daneben wünschen sich die Grünen bei der Umgestaltung des Ortskerns eine stärkere Partizipation der Bürger. Die Grünen sehen „trotz des Fehlbedarfs positive Entwicklungen“ – und stimmten dem Haushalt zu.
„Denken wir neu“ war die Losung von FDP-Fraktionschef Thomas Hommen. Und präsentierte dazu ein Zehn-Punkte-Programm, dessen Eckpfeiler eine strikte Sparpolitik und der Masterplan „Schuldenfrei 2025“ waren. Weil die FDP einen „hauchzarten Wendepunkt“ bei der Verschuldung erkenne, vertraue sie dem Bürgermeister und unterstütze ihn mit aller Kraft. Ungewohnt moderate, ja fast liebevolle Töne in Richtung Bürgermeister. „Damit hatte ich heute wirklich nicht mehr gerechnet“, schmunzelte Thomas Ahls deshalb auch.
eingestellt von Thomas Hommen