Alpen plant mit einem kleinen Plus, RP 17.12.2020
Haushalt 2021 mit CDU-Mehrheit abgesegnet: Grüne enthalten sich, SPD, FDP und Die Partei sind dagegen.
Grundstücksverkäufe, größerer Spielraum beim Umgang mit coronabedingten Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer, aber auch Sparanstrengungen im Rathaus haben in der Summe dazu geführt, dass Alpens Haushalt fürs neue Jahr mit einem leichten Plus abschließt. Rund 55.000 Euro wandern auf die hohe Kante. So ist der Plan. Trotzdem hat der Rat das von Kämmerin Andrea Brochtrup vorgelegte Zahlenwerk am Dienstagabend nicht einfach durchgewinkt. Nur die CDU mit der Stimme von Bürgermeister Thomas Ahls gab ihre Zustimmung.
Das reichte zwar. SPD und FDP setzten ein Zeichen und stimmten dagegen, die Grünen als neue zweitstärkste Kraft im Rat enthielten sich. Ihre Stellungnahme zum Haushalt gaben die Fraktionschefs wegen der Pandemie nur schriftlich ab. Die Redaktion fasst die Reaktionen zusammen.
Die Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf, der wegen der Corona-Lasten sehr früh eingebracht worden war, fällt beachtlich aus. Denn der schloss noch mit einem satten Minus von knapp einer Million Euro ab. Das Loch, das es nun nicht mehr gibt, hätte aus der Ausgleichsrücklage gestopft werden müssen. Doch mit dem positiven Abschluss sind längst nicht alle Probleme gelöst. Durch die Kreditaufnahme von rund einer Million Euro – das Defizit bei den anstehenden Investitionen ist um eine halbe Million Euro angestiegen – wächst der Schuldenberg der Gemeinde bis Ende des kommenden Jahres auf rund 14 Millionen Euro. Es hilft aktuell, dass die Kämmerin unter das abgerechnete Haushaltsjahr 2019 ein Plus setzen konnte. Sie verbucht einen Überschuss von 1,5 Millionen Euro.
Hier die Stellungnahmen der Fraktionsvorsitzenden
Sascha Buchholz (CDU)
Es sei höchst bemerkenswert, dass Kämmerin Andrea Brochtrup dem Rat trotz aller Unwägbarkeiten in der Pandemie frühzeitig „einen soliden, verlässlichen Haushalt“ vorgelegt habe, der „trotz aller Schwierigkeiten mit einem Überschuss endet“. Politik und Verwaltung müssten weiter „mit vielen Veränderungen rechnen“. Solange das Ende der Pandemie nicht absehbar sei, „torpediert sie weiter jede Prognose“. Angesichts großer Herausforderungen dürfe nicht vergessen werden, dass Alpen über eine intakte Infrastruktur verfüge, die keinen Vergleich scheuen müsse. Ein Verdienst nachhaltiger Arbeit in der Vergangenheit. Der Haushalt 21 sei Nachweis dafür, dass „Alpen nach wie vor gut da steht“. Investitionen wie in die Sanierung der Sekundarschule würden künftigen Generationen einiges ersparen. Der Haushalt trage trotzdem den „Fingerabdruck des Sparwillens“ und stehe für das Bemühen, das „Schreckgespenst der Haushaltssicherung zu vertreiben“. Es gelte, „mit Maß und Mitte“ zu sparen, aber nicht um jeden Preis.
Peter Nienhaus (Grüne)
Grundsätzlich sehen die Grünen den Haushalt „gut aufgestellt“ und von Kämmerin Brochtrup „vorzüglich aufbereitet“. Doch sie sehen „erheblichen Verbesserungsbedarf“. Die Anhebung der Elternbeiträge für die Ganztagsbetreung komme „zur Unzeit“, gleichzeitig werde „durch unscharfe Planung ein Vielfaches ohne erkennbare Not ausgegeben“. Was er genau meint, sagt Nienhaus an der Stelle nicht. Doch etwas weiter vorne wirft er der Verwaltung in sprachlicher Anlehnung vor, sich bei „Großprojekten ohne Not auf Investorenwünsche festzulegen“. Dabei gehe es nicht nur um Gestaltungsfragen – hier scheint Kritik am Rossmann-Projekt durch –, sondern „auch um finanzielle Zugeständnisse“. Konkreter wird’s auch hier nicht. Bei der Sanierung der Motte hält der Grünen-Sprecher dem Rathaus bei Ausgaben von 120.000 Euro vor, „nicht ausreichend kontrolliert“ zu haben. Und weil der Ausbau des Dachgeschosses im Rathaus quasi vom Himmel fiel, sehe es so aus, als habe die Verwaltung keinen langfristigen Plan.
Jörg Banemann (SPD)
Die Stellungnahme der SPD gerät zur Abrechnung mit dem Bürgermeister. Sie wirft Thomas Ahls mit markigen Worten vor, die Finanzen „noch immer nicht im Griff“ zu haben und „keinen Sparwillen erkennen“ zu lassen. Banemann wiederholt die alte Forderung nach einer „Prioritätenliste für Projekte“ und einem Fünf-Jahres-Plan zur Erreichung der „hoch gesteckten Ziele“. Die Genossen sehen „das Gespenst Haushaltssicherung“ weiter über Alpen schweben, sagen seine Landung sowie Steuererhöhungen und das schmerzhafte Zurückfahren freiwilliger Leistungen voraus. Banemann verlangt vom Bürgermeister fast flehentlich „ein Umdenken“, sieht die Rücklagen schleichend aufgezehrt durch „teure Baustellen“, für die es keine Priorisierung gebe. Er jedenfalls, so der SPD-Politiker, sehe Alpen von einem ausgeglichenen Haushalt „weit entfernt“. Grundstückserlöse von sechs Millionen Euro würden nicht zum Schuldenabbau verwendet. Die Entwicklung des Eigenkapitals und der Liquidität nennt die SPD „besorgniserregend“.
Thomas Hommen (FDP)
Der Chef-Librale macht’s kurz und knackig. Die FDP habe sich in ihrer Haushaltsklausur mit drei Fragen beschäftigt: Werden die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in ausreichendem Maße berücksichtigt? Ist der Haushalt generationengerecht? Und werden liberale Grundsätze der Wirtschaftlichkeit befolgt? Es folgt keine Überraschung. Es gibt nur eine Antwort, und die heißt „Nein.“ Als Beispiel führt Thomas Hommen die energetische Sanierung des Schul- und Sportzentrums an. Mehrere Millionen Euro Eigenanteil ohne Sanierung der Toilettenanlage in der Schule setzten „falsche Prioritäten“. Das gleiche mehr einer „Bankrotterklärung denn der Weiterentwicklung der Schulen“. Dann wird’s arg plakativ: „Eine umweltfreundliche Heizung bei menschenunfreundlichen Toiletten“ sei mit der FDP nicht zu machen. Grundsätzlich bediene auch der Haushalt „uneingeschränkt Partikularintressen“. An den Schulden würden sich „nachfolgende Generationen wohl noch die Zähne ausbeißen“.
Matthais Schuscik (Die Partei)
Der Neuling im Rat ist bemüht, Duftnoten als Polit-Satiriker zu setzen. Er will bei Verabschiedung des Etats den „Welthit“ von Johanna von Koczian trällern: „Das bisschen Haushalt“. Gut in dem Fall, dass Singen in diesen Tagen nicht opportun ist. Ähnlich zielführend sein Vorschlag, „bequem“ Einnahmen zu generieren: „Das Land der Feen und Krähen verkaufen.“ Doch die Lage sei ernst, so der Mann von Die Partei, ja „besorgniserregend“. Großprojekte wie das Feuerwehrgerätehaus, die Luxus-Sanierung der Motte, der Stadtumbau („luxuriöser Firlefanz“) und die Sanierung des Schulzentrums habe Alpen in „finanzielle Schieflage“ gebracht. Auch Schuscik sieht den Dreh an der Steuerschraube als zwangsläufige Folge. Dass Gebühren nicht unbedingt helfen, sondern nach tatsächlichem Aufwand berechnet werden, müsste ihm mal jemand erklären. Ansonsten leiht er sich seine Rezeptur zur Konsolidierung des Haushalts bei TV-Schuldnerberater Zwegat. Schlichte Formel: Ausgaben senken, Einnahmen erhöhen.
eingestellt von Thomas Hommen