Da ist was in Bewegung geraten, RP 03.12.2020
Die Art der Debatte im Haupt- und Finanzausschuss über Zuschüsse beim Kauf von Tablets für Schüler ist bemerkenswerter als die Entscheidung selbst
Der Haushalt 2021 verschlechtert sich um einen Buchwert von 40.000 Euro. Das ist der Preis, um sicherzustellen, dass jeder Schüler in Alpen – vom ABC-Schützling bis zur Klasse 10 –, der sich einen Laptop anschaffen möchte, 100 Euro aus der Gemeindekasse erhält. So soll Unterricht auf Distanz für alle möglich sein. Bislang hatten Politik und Verwaltung den Zuschuss auf die Jahrgangsstufen zwei und fünf beschränkt. Den weit größeren Schritt hin zur Digitalisierung von Schule hatte die FDP angestoßen.
Doch weniger der Fakt, dass sich die zwei Liberalen im Haupt- und Finanzausschuss am Ende durchgesetzt haben, ist bemerkenswert, sondern vielmehr der Weg dahin. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass im neuen Rat etwas in Bewegung gekommen ist und sich Versteifungen der Vergangenheit in aller Sachlichkeit aufzulockern beginnen. Zweifellos ein Gewinn. So kam es nicht von ungefähr, dass FDP-Fraktionsvize Michael Weis sich am Ende bei allen bedankte für eine Debatte, die er so in der politischen Auseinandersetzung hier selten erlebt hatte.
Zunächst lief alles wie immer. FDP-Sprecher Weis begründete den Antrag, der digitalen Bildung vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Corona-Krise Schubkraft zu verleihen und dafür Geld in die Hand zu nehmen. Dann ging es reihum – von Groß zu Klein. Sascha Buchholz, neu an der Spitze der Mehrheitsfraktion CDU, machte den Anfang, beteuerte, nah bei der FDP zu sein. Aber: Es müsse erst Bedarf erkennbar sein. Sei der ermittelt, stehe auch Geld bereit.
Dann durften die Grünen, inzwischen zweite Kraft im Rat, ihre Sicht der Dinge vortragen, wiesen auf die Schwierigkeit hin, „sofort, jetzt und allen“ finanziell unter die Arme zu greifen. Ulla Arens, Pädagogin im Ruhestand, schlug vor, die Schulleiterinnen „mit ins Boot zu holen“, um Prioritäten zu erkunden, um sie Schritt für Schritt abzuarbeiten. Es gelte, „einen Flickenteppich“ zu vermeiden. Die SPD sah die FDP auf dem von den Genossen favorisierten Weg zurück zur Lehrmittelfreiheit. „Das Tablet ist die Tafel der Zukunft“, so Jörg Banemann. Bürgermeister Thomas Ahls übernahm die unliebsame Rolle des Bremsers.
Aus Sorge um die Finanzen. Er zweifelte am flächendeckenden Bedarf und wagte die Prognose, dass manches bezuschusste Gerät am Ende in der Ecke läge oder bestenfalls von der Familie zum Daddeln genutzt würde. Er plädierte dafür, bei Anschaffung und Einsatz von iPads in Schulen erst mal Erfahrungen zu sammeln. Den über die bisher vereinbarte Regelung hinaus gehenden Bedarf zu ermitteln, sei die Zeit bis zur Verabschiedung des Haushalts zu kurz.
Bei der Abstimmung fiel der FDP-Antrag, wie so oft in der Vergangenheit, durch. Erst mal. Offenbar unter dem Eindruck der Argumente „flirtete“ der Bürgermeister mit seiner Kämmerin. Andrea Brochtrup flüsterte ihm den Ausweg: 40.000 Euro als Topf, um sich zeigenden Bedarf an digitaler Bildung zeitnah decken zu können. Alle gingen mit. Gewonnen hat weniger die FDP als die Debattenkultur. Die muss nicht immer im Konsens enden. Schadet aber auch nicht.
eingestellt von Thomas Hommen