Sitzen, bis die Bagger anrollen, NRZ 10.03.2020
Thomas Hommen, FDP-Partei- und Fraktionschef, sitzt morgen zum 50. Mal vor dem alten Feuerwehrgerätehaus. Er protestiert – bis zum Schluss – gegen den Abriss des Gebäudes
Aufgeben ist für Thomas Hommen keine Option. Auch am morgigen Mittwoch packt der Partei- und Fraktionschef der FDP den Plastikstuhl ins Auto, zieht die magentafarbene Warnweste über und macht sich auf den Weg zum Willy-Brandt-Platz. Zum 50. Mal hält der Politiker dann nämlich schon seine Mahnwache vor dem alten Feuerwehrgerätehaus. Er protestiert friedlich gegen den geplanten Abriss des Gebäudes, indem er davor sitzt und sitzt und sitzt.
Vor knapp einem Jahr hat Thomas Hommen seine Aktion „Hommen sitzt“ ins Leben gerufen. Seitdem sitzt er jeden Mittwoch von 10.55 bis „fünf vor zwölf“ und seit Juni zusätzlich einmal im Monat mittwochabends von 18 bis 19 Uhr vor der alten Wache. Das tut er in der Regel nicht allein. Zwischen fünf und zehn Mitstreiter, FDP-Mitglieder oder Anwohner, gesellen sich zu ihm. „Wir möchten ein Zeichen setzen und das Sprachrohr der Bürger sein, die auch gegen solche Großprojekte der CDU sind“, erklärte er.
Natürlich, so Hommen, sei es einfacher das Gebäude abzureißen, doch manchmal müsse man eben auch den unbequemeren Weg gehen. „Man muss das Gerätehaus, das für eine Nutzungsdauer von 60 Jahren ausgelegt war, nicht nach 30 Jahren abreißen.“ Hommen spricht von einer Steuerverschwendung von 360.000 Euro, wenn das Gebäude, das einst für 720.000 D-Mark gebaut wurde, nach der Hälfte der angesetzten Nutzungsdauer abgerissen wird.
Nun macht Hommen morgen die 50 voll. Hat er selbst damit gerechnet, so lange vor dem Gebäude zu sitzen? Die Antwort kam prompt und äußerst selbstbewusst. „Ja, das habe ich. Ich bin davon ausgegangen, dass ich gut eineinhalb Jahre, also 78 Mal hier sitzen werde.“
Es mag wie ein Kampf gegen Windmühlen wirken, denn die Chancen, den Abriss noch verhindern zu können, laufen gegen Null. Der Investorenwettbewerb für die Umgestaltung des Areals ist schließlich in vollem Gange. Die fünf Interessenten haben ihre Entwürfe bereits der Politik und den Bürgern vorgestellt. „Ich bin nicht betriebsblind. Es ist unrealistisch, den Abriss noch zu verhindern, aber in Zeiten wie heute ist es umso wichtiger, dass Politiker ihre Versprechen verlässlich halten.“
Für seine Protestaktion wird Thomas Hommen selbstverständlich auch belächelt. Das weiß er. „Ich lächele zurück“, sagte er. „Aber die FDP-Aktion erregt Aufmerksamkeit. Wir sind in jeder Karnevalssitzung thematisiert worden. Es gehört aber auch einfach zur Aufgabe einer Oppositionspartei, nicht nach dem Mund der Mehrheit zu reden.“ Auch die Gemeinde habe ein Auge auf seine Sitzblockade, erzählte Hommen. Regelmäßig fahre ein Auto der Verwaltung vor, um zu schauen, ob er auch wirklich wieder sitzt. Der FDP-Mann ist über die Vorgehensweise des Bürgermeisters und die der anderen Fraktionen verärgert. Termine und Gesprächsrunden, an denen Hommen als FDP-Chef auch teilnehmen sollte, würden in der letzten Zeit immer häufiger dann stattfinden, wenn er vor der Wache sitzt. „Das häuft sich. Es heißt immer, daran wurde nicht gedacht. Ich unterstelle Absicht. Bürgermeister und Verwaltung haben sicherlich gedacht, dass ich meine Aktion drei, vier Mal mache. So gut sollte man mich mittlerweile kennen, dass ich so etwas ernst meine.“
Egal, ob bei 40 Grad im Sommer, bei Regen im Herbst oder am 1. Weihnachtsfeiertag und an Neujahr – Hommen saß und wird auch weiterhin sitzen. So lange, bis die Bagger anrollen. Selbst dann will der Menzelener seinen Stuhl nicht räumen. Er sagt: „Anketten werde ich mich nicht, aber ich werde mich wegtragen lassen.“
Und was macht Thomas Hommen, wenn das Gebäude dann wirklich einmal abgerissen ist? „Dann fahre ich ehrenamtlich Bürgerbus in Menzelen. Meine Schicht ist immer mittwochnachmittags.“ Ein altbewährter Termin also…
eingestellt von Thomas Hommen