Zwischen beneidenswert und dilettantisch, RP 31.03.2020

Der Rat hatte wegen der Dringlichkeit der Haushaltsverabschiedung trotz der Corona-Pandemie getagt. RP-Foto: Armin Fischer

Mit den Stimmen von CDU und Grünen ist Alpens Haushalt 2020 verabschiedet worden. Die Meinungen dazu gingen weit auseinander. 

Der Rat hat in der vorigen Woche in einer „konzentrierten Sitzung“ den Haushalt 2020 verabschiedet (wir berichteten ausführlich), um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen. Dazu genügte eine Mehrheit aus CDU und Grünen. SPD und FDP lehnten den Haushalt ab. Die Fraktionsspitzen hatten sich in Vorfeld wegen der gebotenen Vorsicht in Corona-Krisenzeiten darauf verständigt, auf die üblichen Bewertungen des von Kämmerin Andrea Wessel eingebrachten Zahlenwerks zu verzichten. Das endet mit einem Defizit von 1,2 Millionen Euro. Die Fraktionssprecher sind der Bitte der Redaktion gefolgt, ihre Einschätzung der Lage in schriftlicher Form nachzureichen.

CDU

Die Mehrheitsfraktion trägt den Haushalt trotz des Defizits und wachsender Schulden (Schuldenstand liegt bei 14,4 Millionen Euro) mit. „Das sind Parameter, die wir uns natürlich anders wünschen“, so die CDU in ihrer Stellungnahme. Das „Drohgespenst der Überschuldung“ sieht die Union aber nicht. „Wir wollen nicht in Zeiten zurück, in denen aufgrund noch desolaterer Haushaltslage Unterhaltungsmaßnahmen immer wieder zurückgestellt wurden.“ Die CDU ist stolz darauf, dass die Infrastruktur in der Gemeinde inzwischen auf einem Stand sei, „um den uns andere Kommunen beneiden“. Nach den jetzt anstehenden Projekten seien keine weiteren nennenswerten Investitionen mehr geplant. Die Folgen der Corona-Krise für den Haushalt seien noch nicht absehbar. „Hinsichtlich der Rettung von Kommunen hat sich noch niemand geäußert“, heißt es da.

SPD

Stadtumbau, energetische Sanierung des Schul- und Sportzentrums, Sanierung der Motte oder Breitbandausbau – „jedes dieser Projekte allein“ sei eine Herausforderung. „Für eine solche Mammutaufgabe sind wir aber nicht aufgestellt“, so die SPD. „Und jetzt noch Corona.“ Die Genossen mahnen einmal mehr eine Projektplanung samt Prioritätenliste für die nächsten fünf Jahre an. Für sie ist „eine Verteilung der personellen wie finanziellen Ressourcen und die Streckung der Maßnahmen unabdingbar“. Was begonnen und geplant sei, lasse sich „mit der aktuellen Personaldecke“ nicht stemmen. Die SPD äußert zudem Zweifel an der fachlichen Qualifikation im Fachbereich Bauen und Planen und diagnostiziert eine „verfehlte Personalpolitik“, die Geld koste. Bei einem „Weiter-so“ im Rathaus seien Steuererhöhungen unausweichlich. „Echter Wille zur Veränderung“ sei nicht erkennbar.

Grüne

Die Grünen sehen zwar durch die vielen Projekte, „die wir uns aufgehalst haben, um Fördermittel zu bekommen, dass die finanziellen Spielräume viel enger geworden“ seien. Auch in den nächsten Jahren werde es defizitäre Haushalte geben. Die Ausgleichsrücklage sei Ende 2022 aufgebraucht, so dass es spätestens dann ans Eingemachte gehe. Dennoch sehen die Grünen „mittelfristig“ nicht die Gefahr, in die Haushaltssicherung zu rutschen und Alpen auf dem „richtigen Weg“. Auch sie begrüßen wie die CDU die „Chance“, das kommunale „Vermögen weiter fit zu machen“ durch die anstehenden Investitionen. Dazu habe in der Vergangenheit der Mut gefehlt. Mehr aber als das beschlossenen Programm könne sich Alpen absehbar nicht leisten. Die Grünen fordern Anstrengungen für bezahlbaren Wohnraum, um gegen die Überalterung der Bevölkerung zu steuern. Für Klimaschutz stünden die Schulsanierung, der Schulhof­umbau in Menzelen, die neue Heizung für die Schule in Veen. Auch die Absicht, Windkraftzonen auszuweisen, begrüßen sie. In Sachen regionale Mobilität fordern sie „mehr Engagement des Bürgermeisters“ für die Verbesserung auf der Bahnline des „Niederrheiners“ (RB 31).

FDP

FDP-Sprecher Thomas Hommen verweist auf die Leitidee der Liberalen, dass sich „eine vernünftige Finanzpolitik an den Einnahmen orientiert“. Auch dieser Haushalt, so sein Befund, stehe dazu „in krassem Gegensatz“. Die Gemeinde fahre „finanziell im Nebel und auf kurze Sicht“. Unwägbarkeiten würden die Finanz-Verantwortlichen unvorbereitet treffen und weitere Kredite nach sich ziehen. Die Schulden seien durch einen „Buchungstrick künstlich geschönt worden“ und der Anstieg nur aufgeschoben. CDU und Bürgermeister Thomas Ahls hielten an der „schuldenbasierten“ Haushaltsführung fest. „Dieser Haushalt ist unvernünftig und trägt den Fingerabdruck des fröhlich-dilettantischen ,Weiter-so’ der CDU“, meint Hommen.

eingestellt von Thomas Hommen

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